| 
 
 
 Gesellschaftszentrum in der Mitte BerlinsStudiearbeit an der TU Dresden, 1994 |   | 
			
				| Überlegungen zu einem Gesellschaftszentrum in der Mitte Berlins:
 
 An die Gestaltung des Kernbereichs der Stadt Berlin richten sich hohe Erwartungen. 
					Seine zukünftige Nutzung und Gestalt ist Gegenstand intensiver öffentlicher Diskussion, in deren 
					Kontext die historischen Phasen durchaus unterschiedlich bewertet werden. Sie sind wesentlicher 
					Inhaltsträger der Auseinandersetzung. Der Marx-Engels-Platz ist wie kein anderer in der Berliner 
					Stadtlandschaft ein Ort, an dem die Umbrüche der deutschen Geschichte deutlich werden und sich 
					gesellschaftliche Identitätssuche artikuliert. Er hat einen Bedeutungsgehalt, dem die heute 
					vorhandene bauliche Substanz nicht gerecht werden kann. In der vorliegenden Studie geht es darum, 
					ein gesellschaftliches Zentrum zu schaffen, das dem semantischen Bedarf des Ortes entspricht und 
					dessen Bedeutungsvielfalt widerspiegelt.
 Das Gesellschaftszentrum, wie ich den Gebäudekomplex nennen möchte, soll den Charakter des 
					Palastes der Republik als öffentlich zugängliches Gebäude weiterführen und Ort der Bildung und 
					Information sein.
 
 Die Idee
 In der Diskussion um die Zukunft des Ortes gibt es drei Hauptströmungen:
 
					Den Palast stehen lassen, so wie er ist.Den Palast abreißen und das Schloß aufbauenDen Palast abreißen und an der Stelle einen Neubau errichten.
 | 
			
				| Die Grundidee des Entwurfs ist es, aus diesen drei Strömungen eine Collage zu gestalten.
					Voraussetzungen dafür sind auch im städtebaulichen Charakter der Berliner Mitte zu finden. 
					Direkten Einfluß auf den Standort haben: 
					Der Straßenzug Unter den Linden bis zum Brandenburger Tor, der Lustgarten und die Museumsinsel - als Zeugen der Geschichte.Die große Grünfläche zwischen Palast und S-Bahnhof Alexanderplatz mit dem Fernsehturm und der Palast selbst - Bestandteile aus der DDR Zeit. Das Gebiet südlich des Marx-Engels-Platzes und der Alexanderplatz werden neu bebaut - bilden den Rahmen zeitgenössischer Architektur. | 
			
				| Das Konzept Der Volkskammersaal und das Foyer des Palastes werden rückgebaut, die Spreefassade bleibt vollständig 
					erhalten. Der Lustgartenflügel des Schlosses wird in seiner ursprünglichen Position wieder 
					aufgebaut. Ein Neubau schließt das Ensemble zum Schloßplatz hin ab. Zwischen Dom und 
					Lustgartenflügel ist ein neu gestalteter Baukörper angefügt, der den Raum des Lustgartens zur Spree 
					hin abgrenzt. Die solitäre Bauweise entspricht der Struktur des Berliner Zentrums. 
					Im städtebaulichen Zusammenspiel schließt die Palastfassade den großen Freibereich am Marx-Engels-Forum 
					konsequent ab. Die großkörperliche Gliederung und ruhige Strukturierung bildet bei Ansicht aus 
					größerer Entfernung einen spannungsreichen Kontrast zu Dom und Marstall. Die Betrachtungsweise aus 
					größerer Entfernung ist in dieser Richtung vorrangig. In beengter Situation würde die Fassadenstruktur 
					unseren visuellen Ansprüchen an Gliederung und Abwechslung nicht genügen. 
					Der Aufbau des Lustgartenflügels ist nicht nur der Wiederaufbau eines eng mit der Berliner 
					Geschichte verbundenen Gebäudes, sondern auch die Rekonstruktion der städtebaulichen Situation des 
					Lustgartens und des Straßenzugs Unter den Linden. 
					Das 19. Jahrhundert brachte die Utopie einer Stadt als - Museum der Geschichte, der Ausstellung 
					und Demonstration - hervor. Ein Ausdruck dieser Idee aus der Zeit der Aufklärung ist hier im 
					Zentrum die Museumsinsel. Ich halte es für wichtig, daß in einer Stadt die Epochen der Zeit 
					ablesbar bleiben. Die Collagetechnik ist das Mittel, die Fragmente zu einer Ganzheit zu vereinen. 
					Sie ist Ausdruck der Suche nach einem Mittelweg, der seine Grundlagen nicht in der Wahrheit einer 
					einzig gültigen Theorie sucht, sondern im Sinne einer postmodernen Anschauung Gegensätzlichkeit 
					akzeptiert und Pluralität als das Mittel zur Gestaltung  unseres heutigen Zusammenlebens ansieht.
 
 
 | 
			
				| Architektursprache Die verschiedenen Gebäudeteile der Collage werden hart aneinander gesetzt. An den Übergängen gibt es Brüche, Fugen oder 
Distanzräume. Das Fragmentarische der einzelnen Teile wird nicht kaschiert. Der Abriß des Volkskammersaales bricht die Dominanz 
der Masse des Palastes der Republik. Es entstehen drei Gebäudeteile mit einer ausgeglichenen Massen und Gewichtungsverteilung. 
Es gibt keine Dominanz eines Gebaüdeteiles. Der Gesamtkomplex soll jedoch durch die Überhöhung der heutigen Architektur optisch 
zusammengehalten werden. Dies wird durch die  übergreifenden Dächer unterstützt. Der Ausstellungsflügel am Dom ist in seiner 
sprachlichen Ausformung im Zwischenbereich von Dom und Lustgartenfassade sehr zurückhaltend. Dadurch wird ein Kontrast gesetzt, 
der die Wirkung dieser Fassaden unterstützt. Der Lustgartenflügel wird originalgetreu auf den wahrscheinlich noch unter dem 
Marx-Engels-Platz vorhandenen Fundamenten wiederhergestellt. Seine Konstruktion löst sich in der Bewegung zur Spree hin entlang 
einer Bruchlinie auf. Das Dach führt die Bewegung fort und markiert den Zusammenhalt. Um auch für den nicht vorbelasteten 
Betrachter sichtbar zu machen, daß es sich um einen Wiederaufbau handelt, kann hier mit einer Irritation gearbeitet werden. 
Alle Tür- und Fensterflächen sollten verglast werden und diese Verglasungen ohne sichtbaren Rahmen in die Gewände eingesetzt 
werden. Im gesamten Lustgartenflügel müßte auf Farbgebung  verzichtet werden.
 
 Mit der Gestaltung des  Bibliotheks- und Vortragszentrums wird das Prinzip der Collage auch in der Fassade weitergeführt. 
Dazu werden verschieden strukturierte Flächen und Materialien zusammengesetzt, die die Fassadenfläche gliedern und visuell 
interessante Situationen schaffen. Auch die Fassadenstruktur des Palastes wird als Zittat verwendet. Es soll hier mehr auf 
die Wirkung naher Betrachtungsweise und schräger Untersicht abgezielt werden. Die Einengung der Fassade durch das Gebäude an 
der Schloßfreiheit unterstützt diese Absicht, schafft eine städtisch enge, urbane Situation und gibt so einen städtebaulichen 
Kontrast zu Lustgarten und Schloßplatz. Die Auflösung der Fassadenfläche durch strukturelle und plastische Gliederung versucht 
nicht vordergründig Konstruktion oder funktionalen Inhalt des Gebäudes darzustellen, sondern soll Ausdruck einer inneren und 
äußeren Vielschichtigkeit sein. Die Fassade hat eine gewisse Autonomie von der inneren Funktion zugunsten des Ausdrucks nach 
außen. Die Spannung zwischen innerer Struktur und äußerer Hülle wird an den Stellen sichtbar, wo die Vortragssäle die Außenhaut 
durchstoßen. Die durchstoßenden Teile zerstören die "Schachtel" und wirken auf die Fassadenkomposition. Sie fügen sich ihr ein. 
Die Säulenreihe mit Dachrand im Galeriegeschoß bildet den oberen Abschluß und hält die Komposition optisch zusammen. 
Die Spreefassade des Palastes ist an der Rückseite zum Kleinen Innenhof hin verglast, so daß Durchblicke aus dem Hauptfoyer über 
den Kleinen Innenhof zum Fernsehturm möglich sind. Das Dach des Hauptfoyers schwebt über dem Foyerraum, scheinbar nur auf der 
Palastseitigen Stützenreihe aufliegend. Die ruhige Struktur der Spreefassade wird durch zwei Durchbrüche und das auskragende 
Dach des Lustgartenflügels gestört. Die so entstehende spannungsvolle Komposition hat gute Fernwirkung.
 |